1001 Kunstwerke

Im ZO vom 14. Dezember 2019   von Reto Steinemann

Für einen Luftschutzkeller ist hier fast schon gemütlich: Walter Wittwer sei Dank. Er ist an diesem Mittwochnachmittag gerade mitten in den Vorbereitungen für die erste öffentliche Ausstellung des Kunstarchivs Wetzikon, das er vor gut einem Jahr gegründet hat. Hier an der Kreuzbühlstrasse, unweit vom Wetziker Bahnhof, lagert in seinem privaten Kunstarchiv eine Sammlung von über 1000 Werken, von Bildern aus dem 18. Jahrhundert bis hin zu zeitgenössischem Schaffen. Einige der Räume sind regelrecht vollgestopft mit der von ihm seit 10  Jahren gesammelten Kunst. Darunter befinden sich Malerei, Zeichnungen, Druckgraphiken und Fotografien.

„Angefangen hat alles, als in Zürich eine bekannte Galerie wegen zu hoher Mietkosten schliessen musste. In einer Auktion versteigerten sie die Bestände aus ihrem Lager.“ Wittwer kaufte sich eines. „Mir gefiel dieses Gefühl, die Galerie mit einem eigenen Bild zu verlassen“, sagt der 65-jährige Primarlehrer und Musiker, der sein ganzes Leben in Wetzikon verbrachte und hier mit seiner Familie wohnt. Eine Künstlerfamilie durch und durch. Die Wittwers sind die bisher einzige Wetziker Familie mit zwei chapeau!wetzikon-Preisträgern. Seine Frau Sieglinde, eine Künstlerin, gewann den Wetziker Kulturpreis 2011, Sohn Antonin, ein junger Filmemacher, heimste den Preis vor zwei Jahren ein.

Viele der Bildern sind von regionalen Künstlern wie beispielsweise Eugen Flachsmann. Wittwer zeigt auf zwei Bilder von Flachsmann. Beide stammen aus dem Jahr 1951 und zeigen die Wetziker Kulturfabrik, lange bevor sie zur heutigen Hippie-Enklave namens Kulti wurde.

Seit Wittwer vor 10 Jahren mit einem Bild unter dem Arm die Zürcher Galerie verliess, hat er nicht mehr aufgehört zu sammeln. Klapperte Galerien und Brockenhäuser ab, kaufte, was ihm gefiel. Manches von regional bekannten Künstlern, anderes von unbekannten Künstlern. Das Archiv möchte auch etwas der Frage nachgehen, wer hinter diesen Bildern stecke. Werke, die vielfach anonym sind oder die nur über Initialen verfügen. „Ich bin erstaunt, was man alles findet. Meistens ist eine Begeisterung des ersten Moments und ich denke: „Das will ich.“ Die  Bilder im Brockenhaus seien relativ günstig, so der Kunstsammler. „Aber es beläuft sich dann doch auf eine gewisse Summe“, sagt er und lacht.

Wittwers Sammlung wuchs und wuchs. „Irgendwann fand ich, dass ich die Bilder öffentlich zeigen möchte. So kam ich auf die Idee der „Tage der offenen Tür“.“ Er hat eigens für die Ausstellung die kahlen Wände des Luftschutzkellers mit Holzplatten ausgekleidet, was es einfacher macht, die Bilder aufzuhängen, wie er sagt. Auch einige Radierungen seiner Frau Sieglinde sind darunter. Sie wirke im Hintergrund mit, helfe mit ihrer Expertise, gerade was das Aufhängen und Anordnen der Bilder betreffe, sagt Wittwer.

Geht es nach dem Sammler wird die Ausstellung an diesem Wochenende erst der Anfang sein. „Idealerweise finde ich in Wetzikon einen permanenten Raum, wo ich wechselnde Ausstellungen machen könnte.“  Finanzielle Unterstützung der Stadt erhält er derzeit noch nicht. Auch wenn der Kulturbeauftragte Christophe Rosset schon bei ihm vorbeischaute. Und sein Projekt wohlwollend zur Kenntnis nahm, wie Wittwer erzählt.

Wie viele Leute am Wochenende das Archiv besuchen, kann er nicht abschätzen. Der Kunst-Fan sagt: „Ich hoffe schon, dass einige den Weg zu mir hinunter finden werden.“